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Foto: Sassi / www.pixelio.de

Auch im Dunkeln geschieht viel Wunderbares

Nachricht 25. September 2025

Die neue JVA-Seelsorgerin stellt sich vor

„Gott liebt den Menschen, weil er Geschichten mag.“ Dieser Satz aus einer chassidischen Geschichte hat mich immer begleitet und fasst gut zusammen, was ich an der Seelsorge so wunderbar finde: einem Menschen mit seinen Geschichten zu begegnen.

Geschichten, die er erzählt, die sich so zugetragen haben können, die hell und dunkel, schön und grausam sein können – wie das Leben selbst. Und trotzdem irgendwo Liebe zu sehen, auch wenn das manchmal schwer ist.

Mein neuer Auftrag

Mein Name ist Annette Seifert und seit dem 1. September bin ich Gefängnisseelsorgerin in der JVA Bremervörde. Mit 10 Prozent meiner Pastorenstelle bin ich auch im Kirchenkreis tätig. Auf beides freue ich mich und bin gespannt – noch ist vieles neu.

Seit 25 Jahren bin ich Pastorin. Jetzt hat mich die Aufgabe der Gefängnisseelsorge gereizt: die Konzentration auf Seelsorge und Verkündigung und darauf, dass sich in meinen Augen viele theologische sowie existentielle Themen in einer JVA verdichten. In einem Raum, in dem es auch darum geht, dass Menschen ihre Würde bewahren.

Ich bin als Seelsorgerin für die Inhaftierten und für die Bediensteten da. Dabei bringe ich viele Erfahrungen aus der Spezialseelsorge mit und kann auch manches, was ich an Psychologie, Kunst, Literatur oder Musik schätze, einbringen. Gleichzeitig verstehe ich mich auch immer wieder als Lernende.

Vom Süden in den Norden

Ursprünglich komme ich aus der Hessen-Nassauischen Kirche und wollte in den geliebten Norden: zu Weite, Wind und Wolkenhimmel, Wasser, Moor und Rinderweiden, landwirtschaftlichen Anwesen im roten Klinkerbau, herrlichen Alleen und wilder Natur in Wald und Heide.

Das kenne ich aus meiner Kindheit durch Besuche bei der Verwandtschaft. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich als junges Mädchen einmal Trecker gefahren bin – und nicht wusste, wie das Ding wieder ausgeht.

Hier im flachen Norden kann man herrlich, scheinbar endlos, Rad fahren und wandern – ein schöner Ausgleich für mich zur manchmal auch „dicken Luft“ im Knast. Ein Butterbrot und die Kanne Tee schmecken draußen doch am besten, der Wind bringt Neues mit sich.

Unterwegs mit Jesus

Viel gewandert ist auch Jesus, zusammen mit seiner Schar – und manchmal doch sehr allein. Jesus ist vor allem dorthin gegangen, wo es weh tut und wo es dunkel ist. Das war nicht immer leicht, und das ist es für uns heute nicht weniger. Aber auch dort geschieht viel Wunderbares.

Manchmal muss ich aushalten, dass nichts nur dunkel oder hell ist, sondern dass wir mit Widersprüchen, Schmerz und Rissen leben. Und dass es wichtig ist, nicht nur eine Seite zu sehen.

Blick nach vorn

Ich bin gespannt, was mich erwartet – in der Welt des Gefängnisses und im Kirchenkreis, was mir begegnet und was ich mitgestalten kann.

Ihre
Pastorin Annette Seifert